Daniel Wermke lebt gefährlich. Ganz selbstverständlich und ohne Skrupel vor den Fotografen der alten Schule erzeugt er im Vorbeigehen fotografische Bilder – weitgehend Produkte der Applikationen seines Smartphones – die die Anmutung von aufwändig hergestellten, pseudosolarisierten, gecrossten, nachkolorierten, über- und unterentwickelten, nachbelichteten, zerkratzen und vergilbten Fotos längst vergangener Zeiten haben. Damals musste man solch ein Ergebnis mit präziser Filmwahl, Spezialbelichtung und kräftezehrender Dunkelkammerarbeit – notfalls auch mit dem Pinsel – hervorzaubern.
   Nein! Nichts ist hier manipuliert. Zumindest nicht wissentlich oder vorsätzlich. Es ist die Black-Box, die das „Foto“ erzeugt, wenn erst einmal der Ausschnitt festgelegt wurde. Der Gott aus der Maschine. Die Software, die aber alles andere als eine technoide Bildauffassung hat. Sie besitzt ein unbegreifliches Eigenleben und malt manchmal Farben dazu oder nimmt etwas weg von dem ausgeklügelten unbestechlichen Kalkül der Nullen und Einsen in der digitalen Fotografie. Vielleicht ist es Nostalgie, vielleicht die Sehnsucht nach Wärme, Farben, Sinnlichkeit. Eben genau das Unbegreifliche, Mystische ist es, was uns in Bilder fesselt, auch wenn es gar nicht real erscheint. Oder gerade deswegen. Daniel Wermke zeigt uns die Welt, wie er sie beiläufig und unbeschwert sieht, und er insistiert geradezu darauf, der Technik einen gewissen Freiraum einzu-räumen, um den Bildern ihre Unschuld wieder zurückzugeben, die ihnen durch die technische (Er)Zeugung genommen wurde. Charmant ...  
Christoph Beer