„Die ganze Welt ist eine Bühne...“


[schassen galerie] regt mit der aktuellen Ausstellung »Fotografie im Dialog« zur Diskussion an

Im Interview der ausstellende Künstler Stephan Walzl, Theaterfotograf an der Theater&Philharmonie Thüringen.

Seit 9. Dezember 2011 präsentiert die [schassen galerie] in den Räumen des Offenen Kanals Gera den zweiten Teil des Projektes Fotografie im Dialog. Während Stephan Walzl farbige Theaterfotografien zeigt, erzählen die schwarzweißen Bilder von Uwe Reinhöfer die „Geschichte von nicht blühenden, blühenden Landschaften“ im Motiv der verfallenden Gebäude der WEMA Union. Laudator Ramon Miller näherte sich den, wie es ihm zunächst schien, sehr gegensätzlichen fotografischen Serien über das Shakespeare-Zitat: „Die ganze Welt ist eine Bühne, und alle Frauen und Männer bloße Spieler...“. Da habe sich für ihn ein Dialog ergeben, meinte Ramon Miller von der Kunstinitiative [schassen galerie], für den Dialog die Diskussion unterschiedlicher Positionen bedeuten könne, aber auch die Vermittlung unterschiedlicher Perspektiven und fotografischer Bildlösungen auf ein- und dieselben Probleme der Wirklichkeit. Und so kann man durchaus Gemeinsamkeiten finden. Bei beiden Fotografen geht es um Erscheinungen der modernen Gesellschaft, die sich nicht zuletzt auch in zwischen-menschlichen Bezügen finden lassen, wie beispielsweise die in den Theaterfotografien aufscheinende Distanz, Entfremdung, Verstrickung, Ohnmacht oder Aggression, allesamt auch auf Verfall verweisen.

Der studierte Diplom Fotodesigner Stephan Walzl bekannte während der Eröffnung, dass es ihm eine große Ehre sei, gemeinsam mit seinem Vorgänger Uwe Reinhöfer, der als Theaterfotograf sehr  geschätzt wurde, zehn Jahre nach dessen Tod in einen Dialog zu treten. In der [schassen galerie] zeigt Stephan Walzl nun Theaterfotografien, die eigene Interpretationen des auf der Bühne Inszenierten und Gesehenen zeigen. Für ihn hat sich mit dem Beruf des Theaterfotografen ein Traum erfüllt. „Es ist einfach  toll, wöchentlich neue Produktionen und neue künstlerische Ergebnisse zu sehen“, schwärmt der ausstellende Künstler, der es ablehnt, ein Bühnenwerk einfach nur abzulichten. Seine Fotografien bestechen durch eigenwillige Perspektiven, welche die Kernaussage der Inszenierung künstlerisch verstärken. Dafür arbeitet er mit ungewöhnlichen Aus- und Anschnitten, operiert mit Unschärfen und nutzt die technischen Möglichkeiten, den Tiefenraum zu begrenzen. In seiner Fotografie „Wer hat Angst…“ zeigt er im Vordergrund eine liegende Frau, vom Knie aufwärts mit Pailletten besticktem Rock bis zum Bauch. Ihr angewinkelter Arm hält eine glühende Zigarette. Dahinter stehen komplett unscharf gezeichnet ein Mann und eine Frau. Räumliche und innere Distanz ließen sich kaum besser beschreiben, wie auch Entfremdung, Ohnmacht und Resignation. Stephan Walzl thematisiert so Menschen, wie sie im Leben stehen und wie sie sich zueinander verhalten. Viele Besucher der Ausstellungseröffnung versuchten, sich selbst zu überprüfen. Sie verglichen den Blick des Fotografen mit der eigenen Erinnerung an die noch nicht stillgelegte WEMA Union oder auch den eigenen letzten Theaterbesuch. Einen besonderen Blick auf Fotografie präsentierte auch [schassen galerist] Lutz Geißler, der die Entwicklerdose in seiner Performance beschwor: „Sesam öffne dich“, Bezüge zum Mathematikunterricht herstellte, um die Belichtungszeit zu bestimmen und mit Hilfe eines Blitzlichtassistenten ein Positivbild aus dem Fixierbad vor einem belustigt staunenden Publikum zauberte.

Die Ausstellung Fotografie im Dialog kann bis 16. März 2012 in den Räumen des Offenen Kanals Gera besichtigt werden.