Zwischen den Generationen Brücken schlagen


Bürgerfernsehen startet Lokalen Aktionsplan Gera gleich mit drei Kulturinseln

Andreas Erben, Frank Karbstein und Dietmar Busold

Irmgard Erben (Mitte) Ute Reinhöfer, Andreas Erben

Ute Reinhöfer (Nachwort) mit Buch "Tief in mir der Lebenswille"

Ab 12. Juni 2013 strahlt das Geraer Bürgerfernsehen der Thüringer Landesmedienanstalt den Themenbeitrag  "Auf der Flucht, Vertreibung und Ankunft" ab 19.20 Uhr in seiner Sendeschleife aus.  Der Beitrag entstand als eine von drei Kulturinseln, die letzte Woche im Rahmen des Lokalen Aktionsplanes Gera produziert wurden.

In der Talkrunde berichten Andreas Erben, Pastor der Adventgemeinde Gera, Dietmar Busold, der Herausgeber des Buches "Tagebuch des Hauptmanns Ernst Adolf Busold", und Mohammad Khalid Mohammad Nabi, Journalist aus Afghanistan, über die individuellen Fluchtgeschichten ihrer Familien und über persönliche aktuelle Erfahrungen mit Flucht, Vertreibung, Heimat und Ankunft. Frank Karbstein moderiert die Gespräche.  Für Dietmar Busold bedeutet Gera als Fluchtstation der Eltern aus Danzig heute auch ein wenig Heimat: "Der Bahnhof war wichtig, das Lazarett in der Schillerschule war ganz wichtig, deshalb bin ich auch gleich nach der Wende hier her gekommen." Inzwischen ist er mehrfach da gewesen, auch in Gera-Laasen, an dem Ort, wo er bei  Verwandten mit seiner Familie 1945 lebte. Ganz aktuell berichtet Studiogast Mohammad Khalid Mohammad Nabi über die Hintergründe seiner Flucht nach Deutschland vor fünf Monaten. Jedes Land, dass  ihm Sicherheit bietet, sei besser für ihn, als Afghanistan, auch wenn dort noch der Vater, die Mutter, zwei Brüder und Schwestern lebten. Der in drei Fernsehstationen arbeitende bekannte Journalist musste wegen Morddrohungen aus seiner Heimat fliehen. Vorausschauend mahnt Andreas Erben angesichts des individuellen Glücksstrebens heute, dass die Lebensgeschichten derjenigen, die durch die Krise gegangen sind, als Ressourcen wahrgenommen werden müssen, damit die Menschen mit  Herausforderungen in schwierigen Zeiten zurechtkommen lernen.

Andreas Erben hat die Erinnerungen seiner Großmutter Clara Jopp und seiner Mutter Irmgard Erben herausgeben. Ben Erben, der an der FH Düsseldorf Kommunikationsdesign studiert, beteiligt sich in vierter Generation an dem Buchprojekt der Familie. Er gestaltete das Buch "Tief in mir der Lebenswille" und die den Text begleitenden Fotografien und Fotografiken. Mit einer künstlerischen Sprachperformance gaben Ute Reinhöfer, die Leiterin des Geraer Bürgerfernsehens, Andreas Erben und Florian Baierl einen kleinen Vorgeschmack auf die nun in Buchform veröffentlichte Familiengeschichte.

Von Ben Erben und Andreas Erben werden zudem seit dieser Woche visualisierte Gedächtnisprotokolle in der [schassen galerie] in den Räumen des Offenen Kanals Gera ausgestellt. In der aktuellen  Ausstellung zeigen sie Fotografiken, in denen sie sich mit der Beziehung des Einzelnen zu seiner Geschichte und dem Ausmaß des Ausgeliefertseins an gesellschaftliche Vorgänge beschäftigen. Daneben zeigen sie nachempfundene künstlerische Bildwelten, die sie als Übersetzung ausschließlich sprachlicher Erinnerungspassagen aus der Familiengeschichte verstehen. Erik Buchholz sprach in seiner Laudatio von einem "Pfad ins Gestern und aus diesem wieder heraus". Die Ausstellung ist bis zum 4. Dezember in der [schassen galerie] im Geraer Bürgerfernsehen, in der Webergasse 6/8,  zu sehen.

Alle drei Kulturinseln - Talk, Buchpublikation und Ausstellung - wurden vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert. Partner des Geraer Bürgerfernsehens sind die Ostthüringer Zeitung, der Verein Hilfe für Frauen in Not e. V., der  Freundeskreis für Flüchtlinge, die Kunstinitiative [schassen galerie] und das Nichtkommerzielle Lokalradio LOTTE in Weimar.